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berg-welt: «Daniela, seit berg-welt existiert, leitest du jedes Jahr verschiedene Schneeschuh-, Wander- und Trekkingreisen. Was gefällt dir besonders gut an der Reiseleitung?»

Daniela Ogi: «Jede Reise ist eine einzigartige Wundertüte. Die Reise lebt von den Menschen, die miteinander unterwegs sind, von den Wetter- und Landschaftsschönheiten sowie von den Begegnungen. Es ist für mich immer wieder von neuem ein kleines Abenteuer, mit Menschen, die ich nicht kenne, unterwegs zu sein, miteinander zu staunen und viel zu erleben.
Ich kann dabei Menschen begleiten, Neues auszuprobieren. Ich kann sie ermuntern, dass sie diesen Gipfel oder diese Etappe schaffen. Ich kann sie in Kulturen führen, die uns fremd sind. Gerade bei fremden Kulturen kann es Situationen geben, in welchen die Gäste irritiert sind. Dies wiederum kann zu interessanten Gesprächen führen.
Zudem fasziniert mich, wie sich Menschen, die sich nicht kennen, zu einer Gruppe finden und die gemeinsame Zeit miteinander gestalten. Erstaunlich, was alles daraus entstehen kann. Wir sind soziale Wesen und geteilte Freude ist doppelte Freude.»

Zoom: Trekkingreise Garhwal mit Reiseleiterin Daniela Ogi
Zoom: Schneeschuhtouren-Reise Ost-Grönland mit Reiseleiterin Daniela Ogi

«Welche berg-welt-Ausland-Reise hat dich in den vergangenen 14 Jahren am meisten begeistert und warum?»

«Seit 2008 ist Ost-Grönland meine Herzensreise. Am Anfang leitete ich jeweils die Trekkingreise im Sommer, inzwischen bin ich auch im Winter auf Schneeschuhen in dieser magischen Landschaft unterwegs. Beide Jahreszeiten sind für mich eindrücklich. Wenn ich vom Flugzeug aus die Eisschollen sehe und später meine Füsse in Kulusuk den Boden berühren, fühlt es sich an wie «nach-Hause-kommen» und mein Herz öffnet sich.

Warum liebe ich dieses einzigartige Land?
Die Landschaft ist nicht vergleichbar mit einer anderen und schwer zu beschreiben. Es ist eine Natur-Urgewalt, dennoch enthält sie viele kleine, liebliche Details. Mich fasziniert die Unberührt- und Abgeschiedenheit des Landes. Zu den Innuits, ein sehr introvertiertes Volk, konnte ich in den vergangenen Jahren eine gewisse Nähe aufbauen, die mich berührt. Und nicht zuletzt ist es auch das Abenteuer: In Grönland ist nichts planbar! Die Natur ist auf der Reise die «Chefplanerin» und ich stimme mich mit ihr ab, denn die Flut, das Eis oder die Eisbären können das Programm auf den Kopf stellen. Die Reise benötigt viel Flexibilität und Anpassung, doch es gibt immer eine Lösung :-).

Zoom: Trekkingreise Grönland - einzigartige Zeltplätze garantiert
Zoom: Trekkingreise Groenland - so viel Schönheit

«Mitte August leitest du unsere Erlebnistage «Resilienz im Naturpark Beverin». Warum dieses Thema und was bedeutet «innere Widerstandskraft» für dich?»

«Gut aufgestellt zu sein in sich führt zur inneren Stärke. Durch diese Stärke kann ich Herausforderungen und Krisen meistern. Ich bin anpassungsfähig, flexibel und breche nicht. Es ist das Bild vom Bambus, der sich biegt und nicht bricht, weil er stark ist. Zudem bin ich überzeugt: nur in einem gestärkten ICH kommen wir in ein freies «WIR», denn das brauchen wir. Mehr weg vom Ego, hin zum wir.

2020 hat uns gezeigt, dass die psychosoziale Gesundheit stark leidet, dass wir als Gesellschaft und Menschen an Grenzen stossen. Da wir bis jetzt ganz andere Erfahrungen gemacht haben, können wir schlecht mit Ungewissheit leben. Diese Fähigkeit mussten wir im letzten Jahr erst «trainieren». So glaube ich, «Resilienz» ist eine der wichtigsten Kompetenzen der heutigen Zeit. Sich von innen führen lassen, sich selbst sein dürfen und gleichzeitig verbunden zu sein.»

Zoom: Reiseleiterin Daniela Ogi bespricht die Route
Zoom: Resilienz im Naturpark Beverin - draussen in der Natur lernen, nicht zu zerbrechen

«Gab es auf deinen zahlreichen berg-welt-Reisen besondere Situationen, in welchen du deine Resilienz testen konntest bzw. an deine inneren Grenzen gestossen bist?»

«Oh, unzählige Situationen durch ganz unterschiedliche Erlebnisse…… Wo soll ich da beginnen, um mich kurz zu halten? Zu Beginn einer Reise ist die Leitung für mich auch nach all' den Jahren immer noch mit Anspannung verbunden. Meist auch, weil ich den Teilnehmenden eine Zeit mit vielen bereichernden Momenten ermöglichen möchte und mir dazu zu viel vornehme. Da beginnt schon die Resilienz und die Arbeit mit mir selbst.

Mmh, nun zu einem konkreten Beispiel: Ich war in Finnisch Lappland auf einer Schneeschuhtour in einem neuen Gebiet unterwegs. Auf der Karte waren Moore ersichtlich. Unter mir war ein kleines Bächlein, dem ich bei der Überquerung zu wenig Beachtung geschenkt hatte, da viel Schnee lag. Plötzlich brach ich hüfttief ein. Ich schrie nach hinten, weil ich nicht wollte, dass der Gruppe das gleiche passiert. Selber sank ich immer mehr ein und hatte keine Chance, alleine heraus zu kommen. Das war ein beklemmendes Gefühl und ich bekam Angst. Es fühlte sich an, als würde ich mit den Schneeschuhen an den Füssen ins Bodenlose versinken...
Die Gäste zogen mich am Rucksack heraus. Ich war bis zu den Hüften klatschnass, wir waren mehr als zwei Stunden vom Auto entfernt und das Thermometer zeigte -25 Grad. Was nun?

Da atmete ich ein paar Mal tief ein und überlegte:

  • was ist jetzt am besten?

  • welche Möglichkeiten gibt es?

  • was braucht die Gruppe jetzt?


Ich fokussierte mich und stellte mir folgendes vor: Ich bin an einem warmen Ort, alles ist okay. Wir sind ruhig und können zurück gehen, niemand ist verunsichert. Dabei arbeitete ich mit der inneren Stärke. Ich musste meine Grenzen in der Situation erkennen und diese akzeptieren. Erst dann konnte ich mit der Lösungssuche beginnen und meinen Handlungsspielraum ausloten. Dieser Vorgang ist wichtig. Hadern (was wir oft tun) und in den Rückspiegel schauen, bringt in dem Moment nichts. Später darauf zurückschauen und die Situation analysieren, damit mir nicht wieder dasselbe geschieht, ist eine andere und wichtige Form des Rückblicks.»

Zoom: Resilienz im Naturpark Beverin - die Kraft der Natur spüren
Zoom: Einzigartiges Wanderparadis im Naturpark Beverin

«Was dürfen unsere Gäste von den Erlebnistagen «Resilienz im Naturpark Beverin» erwarten?»

«Das Thema der Resilienz wandernd zu erforschen und in sich noch mehr zu entdecken, ist eine langersehnter Wunsch von mir.  Diese Kombination mit der heilenden Natur und der Arbeit der Resilienz hat nochmals eine besondere Wirkung. Wir werden wandernd sowie staunend über das Aussen (Natur) und Innen (Seele) unterwegs sein. 


Was meine Kollegin Ruth Stoffel Kauflin und ich den Gästen bieten, ist ein sicherer Raum. Darunter verstehen wir «ein Vertrauen schaffen» untereinander, damit Offenheit entsteht und sich mitteilen möglich ist. Wir werden aktiv sein – körperlich wie geistig. In drei Schritten erweitern wir das Bewusstsein.
 

  • Wissen - um Resilienz zu verstehen.

  • Wollen - um zu fühlen, was schon alles da ist und wohin ich will

  • Tun - ins Handeln kommen und bewusste Schritte manifestieren.


Es darf und muss nicht. Alle haben die Freiheit zu entscheiden, wo ihre Grenzen liegen.»

«Liebe Daniela, vielen Dank für deinen unermüdlichen Einsatz zum Wohl unserer Gäste und weiterhin viel Freude an deinem Beruf!»


Steffisburg, im Mai 2021