Interview mit Marco Bomio, Bergführer IVBV
Seit seiner Kindheit ist Marco gerne in der Natur unterwegs. Zuerst bei den Pfadfindern, dann als Skilehrer und schliesslich als Bergführer. Über dreissig Jahre lang arbeitete er als Lehrer, bevor er seine Bergführertätigkeit zum Hauptberuf machte.
berg-welt: «Marco, wie kam es, dass du die Bergführer-Ausbildung gemacht hast?»
Marco Bomio: «Ungefähr mit 14 Jahren habe ich zusamen mit Schulkollegen mit Klettern angefangen, zuerst am Sigriswilergrat, dann vor allem am Steingletscher, wo ich auch Jugend+Sport-Kurse absolvierte. 1976 begegnete ich dem damals 67-jährigen Grindelwalder Bergführer Hermann Steuri, einem über die Schweiz hinaus bekannten Bergführer. In der Konkordiahütte ermunterte er mich, doch im nächsten Frühjahr den Bergführer-Aspirantenkurs zu besuchen. Lehrer und Bergführer sei eine gute Kombination und er sei dann zum letzten Mal noch Leiter dieses Kurses. So kam es, dass ich 1977 diesen Aspirantenkurs bestand und zwei Jahre später die Bergführerausbildung abschliessen konnte.»
«Was gefällt dir besonders gut am Führen?»
«Der Bergsport mit seinen vielen Disziplinen ist sehr vielseitig. Das macht den Bergführerberuf an sich schon sehr abwechslungsreich und spannend. Es gefällt mir, Menschen all' diese Aktivitäten in den Bergen zu ermöglichen, ihnen ihre Wünsche oder gar Träume erfüllen zu können. Einerseits gehe ich auch nach über vierzig Jahren noch immer gerne in neue Gebiete, andererseits geniesse ich auch Touren, welche ich schon oft gemacht habe und so von meinen örtlichen Kenntnissen profitieren kann.»
Die Worte des bekannten Erstdurchsteigers der Eigernordwand, Anderl Heckmair, sind für Marco wegweisend:
«Bei einer Tour kommt es nicht auf die Leistung, sondern auf das Erlebnis an».
«Wie erlebst du deine Gäste? Gibt es besondere Herausforderungen?»
«Für mich ist eine gute Beziehung zu den Gästen die Grundlage für erfolgreiche Touren. Wenn die oft zitierte „Chemie“ zwischen Gast und Bergführer nicht stimmt, lässt man es besser sein. Ich bin in der glücklichen Situation, mit vielen Stammgästen unterwegs sein du dürfen. Ich habe aber auch immer Freude, wenn ich völlig unerfahrene Leute ins Bergsteigen einführen darf. Etliche solche Einsteiger sind später meine Stammgäste geworden.
Anspruchsvoller als einen Stammgast auf einen Gipfel zu führen, finde ich das Führen von Gruppen. Da hat sich das „Führungsverständnis" seit meiner Ausbildung zum Bergführer (glücklicherweise) verändert. Klar, am Schluss trage ich als Bergführer die Verantwortung und muss eventuell Entscheidungen treffen, welche nicht allen Gruppenmitgliedern passen. Im Unterschied zu früher versuche ich heute als Bergführer, Teilnehmerinnen und Teilnehmer soweit als möglich in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen und Entscheidungen nicht einsam und ohne weitere Erklärungen zu fällen.»
Marcos Gäste schätzen seine ruhige Art, seine Geduld und seine ansteckende Begeisterungsfähigkeit.
«Vom 25.01. – 01.02.2025 leitest du zum zweiten Mal unsere Schneeschuhreise nach Finnisch Lappland. Was fasziniert dich an dieser Reise besonders?»
«Bei meiner ersten Schneeschuhreise nach Finnisch-Lappland bin ich kurzfristig als Leiter eingesprungen und buchstäblich "in den kalten Schnee“ geworfen worden. Die komplexe Organisation der Reise inklusive Kochen für die ganze Gruppe war eine echte Herausforderung. Genau das liebe ich! Natürlich hat mich die Winterlandschaft, die durch den tiefen Sonnenstand in wunderschönen Stimmungen erscheint, vom ersten Tag an fasziniert. Ich freue mich sehr, zum zweiten Mal diese Reise leiten zu dürfen. Dieses Mal bereits mit einer gewissen Erfahrung, wobei sicher wieder alles anders sein wird...»
«Lieber Marco, vielen Dank für deinen Einsatz zum Wohl unserer Gäste und weiterhin viel Freude an deinem Beruf!»
Steffisburg, im Juni 2024